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Medienmitteilung: Keine Handarbeit ohne Hand-Arbeit

6. November 2008
Horgen boykottiert den theoretischen Hammer

Die Schule Horgen will den Regierungsratsbeschluss über die Handarbeit auf das Schuljahr 2009/10 nicht befolgen, sondern im Handarbeitsunterricht das bewährte Halbklassensystem beibehalten.
Um der Volksinitiative „Ja zu Handarbeit/Werken“ zuvorzukommen, hat der Kantonsrat versprochen, die Handarbeit in der fünften und sechsten Klasse wieder einzuführen. Aber wie setzt der Regierungsrat diesen Beschluss um? Als Ganzklassenunterricht, und zusätzlich zu allen anderen Stunden der Kinder!

Das widerspricht jeglicher pädagogischen Logik. Eine ganzheitliche und qualitativ hochwertige Förderung der Kinder wird so verunmöglicht. Hier wird ein Punkt erreicht, wo die Schule Horgen sagen muss: Da machen wir nicht mehr mit!

Qualität in den Schulzimmern hat für uns oberste Priorität. Gute Schulqualität ist in erster Linie von kompetenten und motivierten Lehrpersonen abhängig. Damit sie ihre Aufgabe gut wahrnehmen können, brauchen sie geeignete Rahmenbedingungen. Gerade diese verschlechtern sich aber unter der Weisungsflut aus Zürich immer mehr. Die Wiedereinführung der Handarbeit als Ganzklassenunterricht ist dabei nur das jüngste Beispiel. Doch es bringt das Fass zum Überlaufen.

30 Stunden sind zu viel
Finanzielle Gründe und die Einführung des Englischunterrichts führten dazu, dass im Jahr 2004 der Handarbeitsunterricht in der fünften und sechsten Klasse um die Hälfte reduziert wurde. Dagegen regte sich in der Bevölkerung und in der Lehrerschaft Widerstand. In kürzester Zeit kam eine Initiative gegen den Beschluss zustande – ebenso wie gegen die Abschaffung der Biblischen Geschichte.

Unter diesem Druck beschloss der Kantonsrat eine Änderung des Volksschulgesetzes: Für Handarbeit und Werken sollten in der fünften und sechsten Klasse wieder vier Lektionen eingesetzt werden können. Auf dieses Signal hin zog das Initiativkomitee das Volksbegehren zurück.

Was die Bildungsdirektion nun aber vorschreiben will, widerspricht dem Sinn der Initiative völlig: Handarbeit soll nicht mehr generell im Halbklassenunterricht erteilt werden. Nur auf Kosten der pädagogisch wichtigen Halbklassenstunden in Fächern wie Sprachen und Mathematik kann die Handarbeit weiterhin im Halbklassenunterricht geführt werden.

Mit der Wiedereinführung der Handarbeit erhöht sich das Pensum eines Mittelstufenschülers auf 30 Lektionen; sobald das Fach „Religionen und Kulturen“ eingeführt ist, werden es sogar 31 Lektionen sein.

Keine Handarbeit ohne Hand-Arbeit
Gegen diesen Regierungsratsbeschluss wehren wir uns aus folgenden Gründen:

  • Handarbeitsunterricht – echte Arbeit mit den Händen – ist in Ganzklassen von 23 bis 25 Schülerinnen und Schülern pädagogisch und aus Gründen der Sicherheit nicht zu verantworten.
  • Einen Hammer muss man nicht theoretisch erklärt bekommen, sondern wirklich in den Händen halten. Wir wehren uns dagegen, dass aus der Handarbeit ein „Kopfunterricht“ in Form von Material- und Werkzeugkunde wird. Das widerspricht Pestalozzis Prinzip von Kopf, Herz und Hand, welches unsere Schule wertvoll geprägt hat und weiterhin prägen soll.
  • Im Halbklassenunterricht können die einzelnen Kinder gezielter gefördert werden. Diese Unterrichtsform muss unbedingt beibehalten werden, da Kleinklassen aufgehoben und Kinder mit besonderen Bedürfnissen integriert werden müssen. Verzicht auf den Halbklassenunterricht in Sprachen und Mathematik zu Gunsten der Handarbeit bewirkt einen klaren Verlust an Schulqualität.
  • Echter Handarbeitsunterricht kann aus logistischen Gründen nicht in ganzen Klassen erteilt werden, weil Handarbeits- und Werkenräume auf Halbklassen ausgerichtet sind. Räume für ganze Klassen bereitzustellen, würde das Gemeindebudget enorm belasten.
  • 30 und mehr Lektionen Unterricht plus durchschnittlich fünf Stunden Hausaufgaben sind für elf- und zwölfjährige Kinder zu viel! Das entspricht schon bald der Arbeitsleistung eines Erwachsenen!
  • Im Leben der Kinder muss neben der Schule noch anderes Platz haben. Sie brauchen Freizeit zum Spielen und Lesen, für Sport, für Musik, für die Familie. Auch hier findet wichtiges Lernen statt. Dieser Bereich kommt zu kurz, wenn die Kinder im Tag durchschnittlich sieben Stunden für die Schule arbeiten.
Darum ist die Schule Horgen nicht bereit, den Handarbeitsunterricht so einzuführen,
wie er vom Regierungsrat verordnet wird.

Wir setzen uns dafür ein, dass in den fünften und sechsten Klassen weiterhin genügend Halbklassenlektionen erteilt werden. Dies und die Handarbeitsstunden in Halbklassen können gewährleistet werden, indem zum Lektionenplan zurückgekehrt wird, der vor den Sanierungsmassnahmen 2004 gültig war. Allerdings geht das nur, wenn andere Stunden gestrichen werden.
Das Wohl des Kindes hat Priorität
Nicht die Menge der Lektionen macht eine gute Schule aus, sondern die Qualität ihrer Arbeit. Damit diese entsteht, braucht es dreierlei: Kinder, die Kraft zum Lernen haben, motivierte Lehrpersonen und geeignete Bedingungen für den Unterricht. Behörden haben die vornehme Aufgabe, diesen Rahmen bereitzustellen – und sie sollten dabei an die Kinder denken, statt sich von politischen Zwängen leiten zu lassen.
Es braucht triftige Gründe, dem Entscheid der Regierung zu trotzen. Die Schulpflege und die Schulleitungskonferenz Horgen sind sich einig, dass Widerstand dann zur Pflicht wird, wenn die Gefahr besteht, dass die Schule das Wichtigste aus den Augen verliert: Das Wohl des Kindes.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Schneider Irene
Schulpräsidentin
Telefon 079 631 74 55
irene_schneider@hispeed.ch

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